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Liebe Freunde !
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Ein Doppeljubiläum ist der Anlass für dieses Fest. Ein Jahr, ehe Schwaz zur Stadt erhoben wurde, gründete mein Groβvater Andrä Stauder unseren Schlossereibetrieb. Am 3. August 1898 begann in einer kleinen Werkstatt das Wachsen und Werden eines Familienbetriebes, der sich in diesen 100 Jahren seit der Gruendung kontinuierlich so entwiekelte, wie wir ihn heute alle kennen.
Ein zweites Jubilaeum feiere icb heute ganz persönlich. Auf den Tag genau vor 60 Jahren wurde ich hier in meiner Heimaetstadt Schwaz geboren. Ich kann sagen, dass ich mein ganzes Leben in dieser Stadt verbracht habe und recht stolz darauf bin, dass ich den Betrieb nun in das zweite Jahrhundert des Bestehens führen kann. Und wenn ich manchmal durch die Stadt gehe, dann freue ich mich, dass die Firma Stauder an vielen häusern Spuren hinterlassen hat. Ich verdanke es mehreren Umständen, wenn mein Betrieb heute einen nicht zu übersehenden Stellenwert hat. Zum einen war mir mein Vater Ernst ein ganz hervorragender Lehrer und Meister, zum anderen ist es unserem groβen Kundenstock zu danken, dass Ich meine eigenen Fähigkeiten und damit auch die Möglichkeiten der Firma Stauder auf das heutige Niveau entwickeln konnte. Und nicht vergessen möchte ich, dass wir ein Familienbetrieb sind. Das galt schon für meinen Groβvater und für meinen Vater und für mich gilt es ganz besonders. Ohne meine Familie wäre ich nichts!
Und so danke ich jedem einzelnen, der mit mir heute feiert, für das über Jahrzehnte erwiesene Vertrauen, für viele Hilfen im Groβen und im Kleinen und ganz besonders meiner Gattin und meinen sechs Kindern für unser harmonisches Familienleben. Es ist das Fundament meines Lebens und dafür haben sich alle Anstrengungen gelohnt.
Ernst Stauder ................................... Schwaz, am 9. Oktober1998
Die Gründungsgeschichte und die Zeit bis 1945
Andreas Michael (Andrä) Stauder, mein Groβvater, übersiedelte 1898 von Innsbruck-Amras nach Schwaz und eröffnete im gleichen Jahr im Fasserhaus eine Bau- und Kunstschlosserei. Seine eigene Ausbildung erfolgte bei der Firma Platzer in Innsbruck. In Schwaz reizten ihn nicht etwa verlockende Aufträge oder der Charakter der Stadt, sondern einzig und alle in eine schöne Schwazerin. Meine Groβmutter, Julie Taschler war die bemerkenswerte Frau, die den Groβvater Andrä nach Schwaz zog. Meine Groβeltern hatten vier Söhne und zwei Töchter. Drei von ihnen erlernten das Schlosserhandwerk. Der Firmenstandort im Fasserhaus erwies sich aber bald als zu klein. 1906 übersiedelte der Betrieb dann an seinen bis heute unveränderten Standort in der Huβlstraβe. Es war eine gesegnete Zeit für das Handwerk. Es gab keine industriell gefertigten Massenproduktionen. Jedes Stück wurde handgefertigt. Tische und Stühle waren noch aus massivem Holz.
Werkzeuge, Wassereimer, Beschläge und vieles andere mehr entstanden ausschlieβlich unter den kunstfertigen Händen von Schlossern und Schmieden. Qualitätsarbeit war selbstverständlich. Nach dem Ersten Weltkrieg aber - in den Jahren der wirtschaftlichen Rezession - war es für den Firmengründer gewiss nicht einfach gewesen, den Betrieb am Leben zu erhalten. Doch mit unendlichem Fleiβ und höchster Einsatzbereitschaft gelang ihm dies. Die junge Firma hatte ihre groβen Aufträge im Schwazer Krankenhaus, in der Tabakfabrik und in vielen Gastronomie- und Industriebetrieben vom Zillertal bis nach Innsbruck. Die Kunstschlosserei Andrä Stauder war Zulieferer für viele andere Firmen. Der einzige Fehler, den der Groβvater machte, war das Zurücklegen des KFZ-Gewerbes. Leider hatte er die Entwicklung dieses Geschäftszweiges nicht vorausahnen konnen.
Er war auch politisch tätig und bekleidete einige Jahre das Amt des Vizebürgermeisters von Schwaz, war Vorsitzender bei der Gesellenprüfungskommission, Zunftvorsteher und Gründungsmitglied des Fruntspergfähnleins. Mehrere technische Patente wurden von ihm erfunden.
Es kam der Erste Weltkrieg und mein Groβvater musste wie Hunderttausende für Kaiser und Vaterland ins Feld ziehen. So war es meinem Vater Ernst dann nicht möglich, im elterlichen Betrieb die Schlosserlehre zu beginnen. Anfangs lernte er in der Schlosserei Diskus, die der Vorgängerbetrieb der heutigen Schlosserei Lintner war.
In den wirtschaftlich so ungeheuer schlechten Dreiβigerjahren gingen meine beiden Onkel Hans und Max nach Deutschland. Der Vater blieb in Schwaz und arbeitete bis zur Kriegsdienstverpflichtung im väterlichen Betrieb. Die schrecklichen Jahre des Zweiten Weltkrieges musste mein Vater in den Heinkel-Werken in Jenbach Dienst verrichten. Ein ehemaliger Lehrling von Groβvater Andrä, Ludwig Leutgeb, war dort sein Obermeister.
Aufbruch nach 1945
1946 übernahm mein Vater die Schlosserei. Die Nachkriegsjahre brachten wohl den wirtschaftlichen Aufschwung, ein Honiglecken waren sie aber keineswegs. In der ersten Zeit nach Kriegsende fehlte es an allem. Es gab kein neuwertiges Material, sämtliche Vorräte waren längst aufgebraucht und auch an Aufträgen haperte es zuerst. Mit kleinen Reparaturarbeiten konnte der Betrieb gerade überleben. Auch unsere Mutter und meine drei Schwestern halfen, wo sie nur konnten. Und bald spürte unsere Firma das aufblühende Wirtschaftsklima der Nachkriegszeit. Für meinen Bruder Siegfried und für mich war es eine Selbstverständlichkeit, dass auch wir nun das Schlosserhandwerk erlernten.
Damals wurde mir auch der Grundstein zu meiner Lebensphilosophie gelegt, die darin besteht, dass ich mich immer bemühe, realistisch zu denken. Natürlich hatte auch ich manchmal Pläne, aus unserem Familienbetrieb einen Industriebetrieb zu machen. Das hätte aber bedeutet, mich in die Abhängigkeit anderer zu begeben. Das hätte auch bedeutet, die finanzielle Sicherheit meiner Familie aufs Spiel setzen und es hätte schlieβlich bedeutet, meine vielen Kleinkunden nicht mehr in der bisher gewohnten Weise bedienen zu können. In den schlechten Zeiten nach dem Krieg aber hatten wir gelernt, dass der kleinste Auftrag zu einer Reparatur, zum Nachmachen eines Schlüssels oder zum Ausklopfen eines Ofenrohrs im Grunde von gleicher Bedeutung ist wie ein Groβauftrag von Stadt, Land oder Bund.
Die Berufsschule hatte ich in Innsbruck besucht und auch dort kam mir die gediegene Ausbildung durch meinen Vater sehr zugute. Ich konnte Woche für Woche ein fertiges Werkstück vorlegen und ich weiβ nicht, wer damals stolzer war, mein Vater oder ich? Jedenfalls wurde ich in der Berufsschule dreimal hintereinander Landessieger.
Nach Abschluss meiner Schlosserlehre ging ich noch zwei Jahre aufberufliche Wanderschaft. Schon sehr bald sollte es sich dann herausstellen, dass meine Zusatzausbildung auf dem Gebiet des Portalbaues und des Gerätebaues zukunftsweisend war. Traditionsbetriebe wie Schlosser und Schmiede leiden einfach unter den vom Kunden als zu hoch eingestuften Arbeitszeitkosten.
Beim modernen Portal- und Gerätebau mit den weitgehend vorgefertigten Teilen war dieser Faktor nicht mehr so gravierend.
Die Firma Adler Lacke gab Unserer Schlosserei dann die ersten gröβeren Aufträge. Es war damals noch üblich, Rechnugen nicht mit der Post zuzuschicken, sondern sie. Persönlich einkassieren zu lassen. Mir bleibt unvergesslich, wie mich Hans Berghofer, der Gründer der Firma Adler Lacke, beim Kassieren eines gröβeren Rechnungsbetrages in fast väterlicher Weise den Umgang mit Geld lehrte. Er selbst zählte mir den Rechnungsbetrag vor, ich quittierte die Rechnung, nahm das Geld und wollte wieder gehen. Aber Hans Berghofer hielt mich zurück und sagte nur: "Geld nachzählen!". Und eine zweite Lehre gab er mir für mein Leben mit. Wir hatten für ihn Arbeiten zu verrichten und er verlangte von mir das Versprechen, dass wir alle, wenn er weg wäre, im Hause nichtrauchten. Meine Kollegen meinten, als wir alleine waren, jetzt könnten wir tun was wir woollen. Ich aber war ihm im Wort unt hielt mich an das Versprechen.
Neben den ersten gröβeren Arbeiten für die AdlerLackfabrik gelang es meinem Vater mi,t Aufträgen der Stadtgemeinde (Hauptschule, Schloss Freundsberg, Schilift), des Bundes (Relais-Station auf der Kanzelkehre) und vieler Privater (Gasthöfe und Hotels), die Schlosserei Stauder zu einer anerkannten bodenständigen Firma zu machen. Auch auf dem Gebiet der künstlerischen Zusammenarbeit war mein Vater tätig, Wir Kunstschlosser sahen uns zwar nie als Künstler in Reinkultur. Wir verstehen uns als Kunsthandwerker. Aus diesem Denken heraus aber gab es immer wieder Verbindungen mit wirklichen Künstlern. Als Beispiel erwähne ich die Zusammenarbeit meines Vaters mit dem groβen Bildhauer Karl Bodingbauer. Eines seiner bekanntesten Werke, der "Mehlsackträger" auf der Fassade der Rauchmühle in Innsbruck, entstand nicht nur in unserer Werkstatt, sondern auch groβteils unter den Hammerschlägen meines Vaters, der den Entwurf des Künstlers manuell umsetzte.
Der Tod unseres Vaters im Jahre 1969 traf meinen Bruder Siegfried und mich sehr schwer. Mitten in den ersten Modernisierungsmaβnahmen des Betriebes waren plötzlich auf uns allein gestellt. Aus rechtlichen Gründen musste der Geschäftsbetrieb einige Jahre als WitWen-Fortbetrieb mit mir als Geschäftsführer geleitet werden. Meine Mutter hatte -wie so viele Frauen ihres Jahrganges - sehr schwere Zeiten hinter sich. Es war für sie selbstverständlich gewesen, ihr kleines Erbteil in die Firma einzubringen. Und als es die wirtschaftliche Not erforderlich machte, fand sie es nicht unter ihrer Würde, Jungschweine zu mästen und Beerenpflücken zu gehen, nur um die hungrigen
Mäuler stopfen zu konnen. Während mein Vater in den HeinkelWerken in Jenbach arbeitete, machte sie ihn als Pächterin des Gasthofes Mohren für einige Zeit sogar zum NebenerwerbsGastwirt.
Die moderne Schosserei Stauder
1972 übernahm ich dann den Betrieb meines Vaters endgültig und ging mit tatkräftiger Unterstützung meines Bruders Siegfried und nur drei Lehdingen daran, die Schlosserei Stauder zeitgermäβ zu modernisieren. Der Machinenpark war zum Teil veraltet und musste erneuert warden. Die Auftragslage in dieser Zeit war gut, aber das Schicksal lieβ die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Mitten in das Groβprojekt des Umbaues der Majolikafabrik riss 1975 der plötzliche Tod meines Bruders Siegfried eine nicht schlieβbare Lücke, Ich verlor mit Ihm einen Freund und die Firma den besten Mann in der Werkstätte. Mit drei jungen Lehrlingen machte ich nun alleine weiter. Ab dem Jahr 1980 spürten auch wir den groβen wirtschaftlichen Aufschwung. Groβaufträge der Stadt Schwaz (Altenwohnheim), des Landes Tirol (Barbara-Brücke) und des Bundes (Schulzentrum) sicherten die Arbeitsplätze in unserer Firma auf Jahre hinaus.
Für Kunden war es bis in die Mitte der Neunzigerjahre geradezu selbstverständlich gewesen, manchmal Monate auf die Erledigung eines Auftrages warten zumüssen. In unserer Zeit spüren alle Kleinbetriebe wieder einmal das Nachlassen groβer lnvestitionen, Wie immer in solchen Zeiten leiden wir unter einer schlimmen Form des Unterbietungswettkampfes. Und wieder spüren wir das jahrzehntelang anhaltende Vertrauen unserer Stammkunden, die wir nie im Stiche lieβen und die uns auch heute wieder die Treue halten. Der bedeutendste Auftrag in meinem Jubiläumsjahr war Picker 2000.
Die Zukunft unseres Betriebes ist, zumindest was das Weiterbestehen betrifft, gesichert. Natürlich erfüllt.es mich mit Stolz und Freude, dass mein Sohn von sich aus den Wunsch hat, die Schlosserei Stauder ins neue Jahrtausend zu führen.
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Seine Ausbildung verläuft allerdings den heutigen Ansprüchen entsprechend über ein Studium an der HTL Fulpmes im Fachbereich Werkzeugbau. Entgegen allen Märchen, die sich im Lauf der Jahre um meine fünf Töchter und um meinen Sohn zu ranken begannen, weise ich schon mit groβem Vergnügen darauf hin, dass mein Sohn die Entscheidung über seine berufliche Zukunft einzig und allein aus eigenem überlegen traf.
Eigentlich habe ich immer davon geträumt, als Ein-Mann-Betrieb durchkommen zu können. Restaurieren von wertvollen Stücken und gediegene Kleinarbeit sind aber nicht dazu angetan, eine Familie erhalten zu können. So führte ich unseren Familienbetrieb mit groβer Liebe weiter. Im Laufe meiner langen Jahrzehnte als Selbständiger habe ich an die vierzig Lehrlinge ausgebildet. Drei von ihnen wurden Schlossermeister. Aber kein einziger hat sich selbständig gemacht. Nicht nur im eigenen Betrieb habe ich mich für das Wohlergehen des Nachwuchses eingesetzt. Seit vielen Jahren bin ich Vorsitzender der Meisterprüfungskommission für die Bau- und Kunstschlosser und als Arbeitgebervertreter wirkte ich beim Arbeitsgericht über Jahre als Laienrichter.
Betriebe von der Gröβenordnung wie unsriger können abschnittsweise nur mit Hilfe aller Familienmitglieder überleben. So war es meiner Frau über lange Jahre hinweg eine Selbstverständlichkeit, überall dort mitzuarbeiten, wo im Büro gerade Not am Manne war. Kennengelernt hatte ich sie Ende der Fünfzigerjahre. Mit ihrer scheinbaren Unnahbarkeit reizte sie mich natürlich besonders. Und als ihr Vater, Dr. Olbrich, merkte, dass es ernst werde mit uns, unterwarf er uns einer harten Probe und schickte meine Frau für ein Jahr nach England. Aber wir überstanden diese Probezeit gut und der heutige Familienstand spricht wohl für sich selbst. Das gröβte aber was meine Frau uns allen gab und noch immer gibt, ist ihre einmalige Art, die Seele der Familie zu sein. Nicht nur betrieblich war sie mir immer die erste Hilfe. Auch für meine Leidenschaft zum Bergsteigen hatte sie immer Verständnis und förderte sie sogar. Das Bergsteigen war schon die Lieblings-Freizeitbeschäftigung meines Vaters gewesen. In schlechten Zeiten, so erzählte er gerne, gingen die Schwazer Bergsteiger damals zumeist ins Karwendelgebirge, weil es dort keine Berghütten mit Ausschank gab. Waren die Zeiten gut, so stieg man in die Tuxer Alpen und labte sich in den Berggasthöfen. Seit dem 25. Lebensjahr bin ich in den Bergen einfach zu Hause. Es ergab sich aber erst nach meinem 50. Geburtstag, dass ich mich den groβen Kalibern wie Montblanc, Mt. Kenia, Kilimandscharo, Cotopaxi, Chimborazo und Aconcagua zuwandte
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Neben der Liebe zur Natur, in der mich Kleinigkeiten wie Bergblumen oder ein Falter im Wind noch immer zu gröβter Bewunderung hinreissen, habe ich als zweites Steckenpferd das Saunieren. Viele meiner Ideen, meiner Entwürfe und meiner Entschlüsse, etwas so oder anders zu machen, entstehen in diesen stillen Stunden. Eine dieser Ideen steht ganz kurz vor ihrer endgültigen Vollendung. In den Kellergewölben der Kunstschlosserei Stauder habe ich mit meinem Mitarbeitern und mit meiner Familie in den letzten Jahren ein Privatmuseum eingerichtet. Hier sind wahre Kostbarkeiten wie etwa ein uralter Blasebalg, eine BlechfaIzmaschine und bedrohliche Hellebarden ebenso ausgestellt wie die mehrere hundert Jahre alte handgeschmiedete Eisentüre des Schwazer Gemeindekotters.
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Das wichtigste aber ist und bleibt mir meine Familie. Ich sehe darin eine ganz groβe Gnade, dass meiner Frau und mir nicht nur gesunde, sondern auch speziell begabte Kinder geschenkt wurden. Und wenn ich einen einzigen Wunsch frei hätte, dann wünschte ich mir eine "normale" Arbeitszeit und, dass meine Kinder so bleiben, wie sie heute sind und meiner lieben Gattin und mir ihnen noch einige gute gemeinsame Jahre geschenkt werden.